Polens Halleneuropameister Pawel Wojciechowski gewinnt bei seiner Recklinghausen-Premiere das 38. Marktplatzspringen – und hat das auch ein wenig Karsten Dilla zu verdanken. Björn Ottos Rekord von 2012 übersteht den Wettkampf nur ganz knapp.
Es soll Menschen geben, denen das bekannte Bild von der Familie der Stabhochspringer allzu kitschig erscheint. Dass aber tatsächlich etwas dran ist, dafür lieferte beim Recklinghäuser Marktplatzspringen Karsten Dilla einen schönen Beleg.
Der Stabhochspringer von Bayer Leverkusen war ganz nah dran, zum zweiten Mal nach 2016 zu gewinnen. Als der 29-Jährige an 5,64 m gescheitert war, lag er in Führung. Nur einer konnte ihn jetzt noch schlagen: Halleneuropameister Pawel Wojciechowski in seinem allerletzten Versuch.
Marktplatzspringen-Moderator Hans Timmermann bat Dilla schon zum Interview, doch der nahm ihn schnell zur Seite. Der Wind sei gerade sehr günstig: „Lass Pawel doch erst springen.“
Der Pole ließ sich nicht lange bitten, flog prompt über 5,64 m und damit bei seinem ersten Start in Recklinghausen zum Sieg. Dilla rutschte auf Platz zwei. „So ist das im Sport. Pawel ist super drauf. Er hat es verdient“, kommentierte der Leverkusener. So reden und handeln nicht alle.
Pawel Wojciechowski wusste, was nun vom ihm verlangt war: Er ließ umgehend die Marktplatzspringen-Rekordhöhe von 5,84 m auflegen. Ein Zentimeter höher als Björn Otto 2012. Und das war beileibe kein Gag.
Der erste Versuch: glänzend. Nur ganz leicht touchierte der Pole mit der Brust die Latte, als er sich hinüber schraubte – sie fiel. Beim zweiten riss er deutlich, knallte auf die Stange, die beim Aufprall auch noch brach. „Das Ding kostet 200 Euro“, knurrte Hans Timmermann.
Dass Wojciechowskis dritter Versuch mit schmerzendem Rücken nichts werden würde, war dann leider abzusehen. Außer Spesen nicht gewesen? Von wegen. Der Einsatz hat sich gelohnt.
„Das Publikum ist klasse hier, ich bin Saisonbestleistung gesprungen. Ein guter Wettkampf“, zog der Überraschungsweltmeister aus dem Jahr 2011 Bilanz.
Wojciechowski hatte eine strapaziöse Anreise. Am Donnerstagabend war er noch beim Diamond League Meeting in Stockholm am Start, wo er über 5,36 m nicht hinauskam. Sein Bestes hatte sich der Pole für Recklinghausen aufbewahrt.
Überhaupt wussten die Athleten das Publikum auf dem Altstadtmarkt mitzureißen. Vor allem einer: Rutger Koppelaar. Der Mann aus Recklinghausens Partnerstadt Dordrecht kämpfte besonders mit dem Wind und brach seinen Anlauf immer wieder ab. Bis auf 5,54 m arbeitete sich der Niederländer hoch. Auch über 5,64 war er im Grunde drüber, als er mit dem Unterarm die Latte mit sich riss.
Koppelaar, im Nebenberuf Model und ganz Show-Mann, schlug trotzdem einen Salto auf der Matte und bedankte sich bei den Recklinghäuser Stabhochsprung-Fans.
Ob er wiederkomme? „Natürlich“, sagte der Niederländer. „Das hier ist doch mein Lieblingswettbewerb.“ Das Recklinghäuser Marktplatzspringen muss Rutger Koppelaar schnell ans Herz gewachsen sein: Es war erst seine zweite Teilnahme.
Quelle: Medienhaus Bauer von Thomas Braucks