36. Recklinghäuser Marktplatzspringen leidet unter dem Dauerregen.
Keine Siegerin bei den Damen, die alle ohne gültigen Versuch blieben – eine Männerkonkurrenz, in der lächerliche 5,14 m zum Sieg langten: Das hat es in 35 Jahren Marktplatzspringen nie gegeben. Aber bei der 36. Auflage war alles anders: An hochklassigen Sport war gestern trotz eines Klasse-Starterfeldes nicht zu denken.
Am Morgen hatten Hans Timmermann und seine Mannschaft noch die Hoffnung, die Veranstaltung in bewährter Manier über die Bühne zu bekommen. „Den kompletten Aufbau haben wir noch im Trockenen hinbekommen“, sagte der Organisator.
Anlaufsteg und Matte wurden mit Planen überzogen – um den Athleten gute Bedingungen zu bieten. Es half nichts: Im Verlauf des Tages regnete es sich richtig ein, und als gegen 15 Uhr die Damen auf dem Altstadtmarkt ihre ersten Probesprünge absolvierten, konnten sie sich gleich wieder umkleiden – die Matte hatte sich im Nu voll Wasser gesogen.
Björn Otto, Rekordsieger und -halter auf dem Markt, suchte allen Mut zu machen. „Ich bin schon oft in Recklinghausen gesprungen, auch im Regen – und sogar ziemlich hoch“, sagte der ehemalige Weltklasse-Stabhochspringer, der nun als Pilot arbeitet. „Es geht.“
Hans Timmermann fand zwischendurch zwar, dass ein Abbruch keine schlechte Idee wäre, stellte aber klar: „Ich sage die Veranstaltung nicht ab – das können nur die Athleten tun.“ Und die entschieden sich zu springen. Unter Bedingungen, wie es sie in der Geschichte des Recklinghäuser Marktplatzspringens noch nie gegeben hat.
Das bekamen zunächst die Frauen zu spüren, die ihre Probleme hatten, den Stab fest im Griff zu halten.
Anjuli Knäsche kam bei 4,01 m gar nicht in die Höhe, die Schwedin Malin Dahlström scheiterte. Michaela Meijer, Olympia-Teilnehmerin aus Schwedin, versuchte sich vergeblich an 4,11 m.
Erst bei 4,21 m stiegen Annika Roloff und Martina Strutz ein. Annika Roloff war im letzten Versuch ganz nah dran, die siebenfache Siegerin Martina Strutz wollte es zwingen – und zog sich beim Anlauf eine Verletzung an der Wade zu. Sie sprang trotzdem und riss.
Die Schwerinerin nahm es mit Humor: „Ärgerlich nur, dass ich nicht drüber gekommen bin“, sagte die 35-Jährige – und bestellte beim Sponsor ein Pils.
Die Männer einigten sich darauf zu starten – mit verkürzten Anlauf. Um das Risiko gering zu halten. Einige Hundert Zuschauer, die auf dem unverdrossen ausharrten, dankten es ihnen.
Und siehe da: Mehr als zwei Stunden nach dem Beginn des Marktplatzspringens gab es den ersten gültigen Sprung: Marvin Caspari meisterte 4,84 m, später noch 5,04 m. Sein Leverkusener Vereinskollege Tom Konrad schaffte ebenfalls 4,84 m.
Vorjahressieger Karsten Dilla, der Deutsche Meister Tobias Scherbarth, Halleneuropameister Piotr Lisek, der Schwede Filip Gyllensten und der Däne Rasmus Jorgensen – sie alle soffen im Regen von Recklinghausen ab.
Am wetterfestesten präsentierten sich ausgerechnet die beiden Griechen: Dimitrios Patsoukakis und Kostas Fillipidis sprangen über 5,04 m, anschließend auch noch über 5,14 m.
Dann stieg ihr Trainer auf den Anlaufsteg und setzte das Stoppsignal. „Wir wollten den Leuten, die hierher gekommen sind, wenigstens ein paar Sprünge zeigen“, sagte Kostas Filippidis hinterher im Athletenzelt. „Aber es ist nicht ganz ungefährlich bei dem Wetter, deshalb haben wir aufgehört. Wir haben ja noch einiges vor.“ Für Dienstag hat der 30-Jährige einen Flug von Athen in die USA gebucht. Ohne Reiserücktrittsversicherung. Den Start beim Diamond-League-Meeting in Eugene (Oregon) am kommenden Wochenende wollte Filippidis nicht riskieren. Wer will ihm das verdenken.
(Quelle: Medienhaus Bauer von Thomas Braucks)