Der Belgier Arnaud Art setzt sich beim 37. Marktplatzspringen mit starken 5,74 m durch. Bei den Frauen triumphiert die Finnin Minna Nikkanen.
Am frühen Abend färbte sich der Himmel über Recklinghausen dunkelgrau ein, Böen pfiffen über den Altstadtmarkt. Doch die Hauptdarsteller liefen jetzt erst zu großer Form auf. Exakt um 19.31 Uhr tat Hans Timmermann das, was er schon ein halbes Jahrzehnt nicht mehr zu tun brauchte: Der Organisator des Recklinghäuser Marktplatzspringens zog den berühmten, einen Kilogramm schweren Silberbarren aus seiner Tasche hervor und hielt ihn in die Luft.
Der Preis für den Stabhochspringer, der auf dem Altstadtmarkt einen neuen Veranstaltungsrekord aufstellt. Der Belgier Arnaud Art, der letzte Athlet im Wettkampf, reckte lächelnd die Daumen.
Bei 5,84 m lag die Latte, einen Zentimeter höher als der Marktplatzrekord von Björn Otto aus dem Jahr 2012. Arnaud Art versuchte alles – und scheiterte. Aber vor allem bei seinem ersten Versuch war der 25-Jährige ganz nah dran, Geschichte zu schreiben.
Rund 1.000 Zuschauer auf dem Markt applaudierten dem Mann aus Lüttich trotzdem begeistert. Und der den Recklinghäusern: „So nah am Publikum – ich mag das sehr“, sagt Arnaud Art nach seiner Premiere auf dem Altstadtmarkt. Als die Anlage am Morgen im Dauerregen aufgebaut wurde, hatte wohl keiner damit gerechnet, dass im Verlauf des Tages noch Weltklasse-Leichtathletik zu sehen sein würde. Nicht mal Daueroptimist Hans Timmermann: „Dass es bei diesen Bedingungen so hoch hinausgehen würde, hätte ich niemals geglaubt.“
In einem unterhaltsamen Wettkampf waren am Ende die Favoriten unter sich: Der Niederländer Rutger Koppelaar verabschiedete sich bei 5,54 m. Karsten Dilla (Leverkusen) und die beiden Belgier Ben Broeders und Arnaud Art meisterten die Höhe.
Broeders ließ die 5,64 m forsch aus. Sein Landsmann Art nahm sie im ersten Versuch – Karsten Dilla, Sieger auf dem Altstadtmarkt im Jahr 2016, scheiterte dreimal. Damit waren die beiden Belgier unter sich.
Zweimal räumten sie die Latte bei 5,74 m ab. Dann nahm Arnaud Art zum stampfenden Rock von AC/DCs „Thunderstruck“ Anlauf und schwang sich unter dem Jubel des Publikums über die Latte. Die Entscheidung, Ben Broeders konnte nicht mehr kontern. So hoch ist nie zuvor ein Belgier gesprungen. Auch Arnaud Art, der belgische Rekordhalter mit 5,71 m nicht.
Eine Leistung, die allerdings nicht Eingang in offizielle Statistiken finden wird: Bekanntlich entsprechen die Maße des Recklinghäuser Anlaufstegs nicht den Anforderungen des Weltverbandes.
Ein belgischer Rekord, der doch keiner ist
„Was soll ich sagen? Das ist natürlich richtig schade. Damit muss ich leben“, sagte der Sieger aus Belgien hinterher und war trotzdem bestens gelaunt. „Ich konnte hier einiges ausprobieren. Und dass ich schon jetzt, so früh in der Saison, so hoch gesprungen bin, das lässt hoffen.“
Keine Frage: Von dem Mann wird man noch hören, vielleicht sogar schon im Sommer bei der Europameisterschaft in Berlin.
Angesichts der Leistung von Arnaud Art stand das Stabhochspringen der Damen diesmal etwas im Schatten der Herren. Seriensiegerin Martina Strutz sorgte auf dem Altstadtmarkt zwar wie immer für Stimmung. Doch man merkte der 36-jährigen Mecklenburgerin an, dass sie noch dabei ist, sich von Blessuren und Verletzungen aus dem vergangenen Jahr zu erholen.
Um die „Knochen“ zu schonen, verzichtete Strutz auf Spikes – sie trat in Turnschuhen an. Bei 4,21 m war für sie Schluss, der Weg für die als Favoritin gehandelte Angelica Bengtsson wäre frei gewesen. Wäre.
Die EM-Dritte aus Schweden, die erst bei 4,31 m in den Wettkampf einstieg, scheiterte drei Mal. Und handelte sich einen Rüffel ihres Trainers Gustav Hultgren ein.
So war es an Minna Nikkanen, sich bei ihrer Recklinghausen-Premiere in die Siegerinnenliste einzuschreiben: Die Finnin sprang im dritten Versuch über 4,31 m, versuchte sich anschließend vergebens an 4,41 m. Der Erfolg war ihr aber allemal zu gönnen, Minna Nikkanen verrichtete Schwerstarbeit: Insgesamt elf Sprünge lieferte die 30-Jährige ab. So viele wie keine andere Athletin.
(Quelle: Medienhaus Bauer von Thomas Braucks; Foto: Kunze)