Lewis siegt in Recklinghausen / Strutz mit neuem Rekord.
„Ich liebe Recklinghausen“, strahlte Steven Lewis, „ich komme erstmals hierhin und gewinne den Wettkampf. Ich würde gerne wieder kommen.“
Darf er, wenn es nach Hans Timmermann ginge. Und nach dem geht es, schließlich ist er seit 30 Jahren Organisator des „Recklinghäuser Marktplatzspringens“. Und der Engländer Lewis zeigte eine mehr als ansprechende Vorstellung, denn ausgerechnet der Neuling in Recklinghausen sorgte zum Schluss für die nötige Spannung.
Früh verabschiedeten sich der Belgier Jonas De Meyer (4,83 m), der Finne Jarno Kivioja sowie der Schwede Gustaf Hultgren (beide 5,03 m). Von riesigem Pech wurde Björn Otto verfolgt. Der zeigte einen souveränen Sprung über 5,23, fühlte sich gut, ließ 5,33 m aus und wollte erst bei 5,43 m wieder einsteigen. Doch der böige Wind, der allen Sportlern zu schaffen machte, spielte ihm drei böse Streiche: Immer, wenn gerade Flaute herrschte und der 33-Jährige anlief, lebte der Wind plötzlich auf und verhagelte den Sprung. Mehr als der geteilte siebte Platz mit Florian Sürth (Bayer Leverkusen) sprang nicht heraus.
Stinksauer war der viermalige Sieger des Marktplatzspringens. Erst lange nach Ende des Wettbewerbs hatte er sich wieder einigermaßen beruhigt. „Die letzten vier Wettkämpfe verliefen genauso“, sagte er später. „Eigentlich müsste ich einigermaßen zufrieden sein, denn ich bin zum ersten Mal in der Saison mit 18 Schritten Anlauf gesprungen. An den miesen Windbedingungen kann ich nichts ändern. Aber ich habe auch jeden Stab zu weich gemacht.“ Sprach’s und verzurrte sein Arbeitsgerät auf dem Auto, um schnell wieder nach Hause zu fahren. Am Dienstag steht für den Biologie-Studenten die letzte Diplomprüfung an.
Einen glänzenden Wettkampf hatte der Russe Sergey Kucheryanu, der in der Zukunft gern als Australier starten möchte, gezeigt. Sein Einstieg bei 5,13 m war mehr oder weniger nur ein Testsprung gewesen. 5,23 m ließ er aus, 5,33 m nahm er im zweiten Versuch, 5,43 m und 5,53 m jeweils im ersten.
Ihm auf den Fersen war Steven Lewis. Bei seiner Einstiegshöhe von 5,23 m brauchte er zwei Versuche, 5,33 m ließ er aus, 5,43 m nahm er mit dem ersten Sprung. Die 5,53 m, die Kucheryanu mit dem ersten Versuch genommen hatte, ließ er aus. 5,63 m wurden aufgelegt. Kucheryanu begann mit einem Fehlversuch – Lewis ebenfalls. Der zweite Versuch: Kucheryanu hatte die Höhe, allein die Weite fehlte. Und auch Lewis leistete sich einen zweiten Fehlversuch.
Der Russe schaffte es auch im dritten Anlauf nicht, die 5,63 m zu bezwingen. Nun kam es drauf an: Sollte auch Lewis scheitern wäre Kucheryanu der Sieger… Zweimal brach der Engländer seinen Anlauf zum dritten Versuch ab, weil er von Böen gepackt wurde. Beim dritten Anlauf trotzte er dem Wind und wuchtete sich über die Latte. Die wackelte zwar bedenklich, blieb aber liegen – der Sieger stand fest.
Jetzt wollte es der Engländer wissen: Er wollte seine eigene persönliche Bestleistung, die bei 5,72 m liegt, um einen Zentimeter verbessern. Doch die Bedingungen ließen es nicht zu. Diese Höhe schaffte 24-Jährige nicht mehr.
„Die Bedingungen waren wirklich schlecht“, gab er anschließend völlig ausgepumpt zu Protokoll. „Wir sind gestern nach einem anstrengenden Wettkampf mit dem Auto aus Dessau gekommen und waren sehr müde. Aber es war ein toller Wettkampf mit toller Musik und einem tollen Publikum.
„Bleibt natürlich die Frage, wie er ausgerechnet auf Recklinghausen gekommen ist? „Ich verfolge das Recklinghäuser Marktplatzspringen schon seit mehreren Jahren und weiß, dass es das erste Marktplatzspringen in Europa ist. Ich habe vor einigen Wochen in den USA mit Dean Starkey, einem Freund von mir, gesprochen. Und der hat mir von dem Wettkampf in Recklinghausen vorgeschwärmt.“ Zur Erklärung: Starkey gewann das Marktplatzspringen 1995 und 1996. „Bisher“, so Lewis weiter, „bin ich immer woanders gesprungen. Diesmal aber passte Recklinghausen genau in meinen Wettkampfplan. Und ich bin ehrlich gesagt, froh, dass ich hier gesprungen bin. Wenn man sich die Namen der Starter der vergangenen 30 Jahre ansieht, ist es schon eine Ehre, hier springen zu dürfen.
„Das Herrenspringen feierte seinen 30. Geburtstag, so kamen die Damen, die den Tag eingeleitet hatten, etwas zu kurz. Zu Unrecht, wie Martina Strutz bewies. Sie machte das Frauenspringen nahezu zu einer Ein-Frau-Show. Sie war mit einer gehörigen Wut im Bauch nach Recklinghausen gekommen, denn im vergangenen Jahr war sie nicht voll austrainiert und mit ein paar Pfunden zu viel in die Festspielstadt gekommen. Mittlerweile hat sie Verein und Trainer gewechselt und startete mit neuem Schwung.
4,32 m im ersten Versuch, 4,42 m im ersten, 4,52 m im ersten. Die Konkurrenz sah da schon lange zu. Da wollte sie es wissen. Sie wollte den Rekord, den Yvonne (jetzt Balian) Buschbaum im Jahre 2002 mit 4,57 m aufgestellt hatte, knacken. Und das tat sie souverän: Im ersten Versuch fiel die Latte noch, im zweiten blieb sie liegen.
Bravo!
(Quelle: Medienhaus Bauer von Peter Koopmann)